LESEGOTTESDIENST FÜR DEN SONNTAG 19.07.2020 (6. SONNTAG NACH TRINITATIS)

Begrüßung

Liebe Gemeinde,
für diesen Sonntag hat Laienprediger Joachim Riemann den Gottesdienst für Sie geschrieben.
Herzliche Grüße (stellvertretend auch von Angelika Ludwig)

Kevin Stuckenschnieder


Einstimmung

„So spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jesaja 43,1) Was hier dem Volk Israel zugesprochen wird, das ist ein beliebter Taufspruch. In der Taufe erfahren wir Gottes Zuwendung. Was die Taufe für unser Leben bedeutet, bedenken wir in diesem Gottesdienst und feiern Gottes Liebe, die uns durch Jesus Christus im Heiligen Geist nahekommt.
Guten Morgen liebe Gemeinde, herzlich willkommen zum Gottesdienst am 6. Sonntag nach Trinitatis. Ich wünsche Ihnen allen einen guten Tag.

Wir beginnen diesen Gottesdienst
im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,
…der Himmel und Erde gemacht hat.

Psalm
Wir beten mit Worten aus Psalm 139 (:

 Wisst ihr nicht,
dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind,
die sind in seinen Tod getauft?
So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod,
auf dass, wie Christus auferweckt ist von den Toten
durch die Herrlichkeit des Vaters,
so auch wir in einem neuen Leben wandeln.
Denn wenn wir mit ihm zusammengewachsen sind,
ihm gleich geworden in seinem Tod,
so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein.
Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist,
damit der Leib der Sünde vernichtet werde,
sodass wir hinfort der Sünde nicht dienen.
Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde.
Sind wir aber mit Christus gestorben,
so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden.
Und wir wissen, dass Christus, von den Toten erweckt,
hinfort nicht stirbt;
der Tod wird hinfort nicht über ihn herrschen.
Denn was er gestorben ist,
das ist er der Sünde gestorben ein für alle Mal:
was er aber lebt, das lebt er Gott.
So auch ihr:
Haltet euch für Menschen, die der Sünde gestorben sind
und für Gott leben in Christus Jesus.
(Psalm 139, 1-11)


Kyriegebet:

Die Kirche erinnert uns heute an die Taufe.
Wir sind getauft,
aber wir wollen nicht,
dass du, Gott, unser Leben änderst.
Hilf, dass wir in der Gewissheit leben:
Wir gehören zu dir.

Wir bitten dich:

Kyrie eleison -Herr, erbarme dich.
Christi eleison Christus, erbarme dich.
Kyrie eleison Herr, erbarme dich über uns.


Gnadenzuspruch:

Gott sagt zu uns:
Fürchte dich nicht,
denn ich habe dich erlöst;
ich habe dich bei deinem Namen gerufen;
du bist mein!
(Jes. 43, 1)


Tagesgebet:

Lieber himmlischer Vater,
du hast uns durch die Taufe neu geboren zu Kindern des Lichtes:
Erhalte uns im Glanz deiner Wahrheit
und verdränge alles Dunkel.
Das bitten wir durch Jesus Christus,
deinen lieben Sohn, unsern Herrn.
Amen.


Evangelium

Lesen wir das Evangelium für den heutigen 6. Sonntag nach Trinitatis:
Der Missionsbefehl
Es steht bei Matthäus im 28. Kapitel

Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg,
wohin Jesus sie beschieden hatte.
Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm niede;
einige aber zweifelten.
Und Jesus trat herzu, redete mit ihnen ihnen und sprach:
Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.
Darum gehet hin und lehret alle Völker:
Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes
und des Heiligen Geistes
und lehret sie halten alles, eas ich euch befohlen habe.
Und siehe, ich bin bei euch alle Tage
bis an der Welt Ende.
(Matthäus 28, 16-20)

 

Halleluja
Ich will deinen Namen kundtun meinen Brüdern,
ich will dich in der Gemeinde rühmen.
Halleluja

Apostolisches Glaubensbekenntnis


PREDIGT
Predigttext:  5. Mose 7,6-12
(Predigttext im Verlauf der Predigt)

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus.

Liebe Gemeinde.
So richtig spannend war die Wahl in Polen am letzten Wochenende. Bis Montag früh war noch nicht entschieden, wer künftig polnischer Präsident sein würde. Der eher liberale Herausforderer Trzaskowski konnte fast 49 % der Stimmen erreichen und lag damit nur knapp hinter dem nationalkonservativen Duda. Somit bleibt der bisherige Präsident Duda im Amt, und der europakritische und national orientierte Kurs Polens wird wohl fortgesetzt werden. Mich erschreckt, wie in vielen europäischen Ländern neuer Nationalstolz wächst. Neben Polen vor allem in Ungarn, aber auch in Großbritannien und anderen Ländern.

Selbstverständlich: Jeder darf seine Heimat lieben und sich über die eigenen Leistungen freuen, doch meistens geht solcher Stolz einher mit der Abwertung von Menschen, die anders sind. In Polen etwa geht man auf Distanz zur EU, und im eigenen Land werden Menschen mit anderen Lebensformen benachteiligt. Fast überall geht der Stolz auf das eigene Land einher mit der Abwehr von Flüchtlingen.

Das ist ja auch bei uns in Deutschland nicht anders. Da betonen manche lautstark, dass sie stolz sind, Deutsche zu sein. Was mir Angst macht: Dass das meist verbunden ist damit, Angst vor Überfremdung zu schüren. Wer in diesem Sinn nicht deutsch ist, wird ausgegrenzt: Muslime, Flüchtlinge, Menschen mit Migrationshintergrund, manchmal auch Menschen, die nur andere Ansichten oder Lebensformen haben.

In den USA bekommt solch nationales Selbstbewusstsein teilweise fast religiösen Charakter. Dass Amerika „God‘s own country“ – Gottes eigenes Land – sei, das musste Trump nicht erfinden. Er konnte daran anknüpfen, dass viele konservative religiöse Amerikaner sich als Gottes auserwähltes Volk empfinden; nach ihren Werten sollte sich die ganze Welt richten. Immer wieder hat dieses Selbstbewusstsein zu Abgrenzung und Gewalt gegenüber anderen Menschen und Völkern geführt.

Gottes auserwähltes Volk zu sein: Das ist eine Vorstellung, die sich bereits in der Bibel findet. Da geht es freilich nicht um Amerika oder Polen oder Deutschland, das Volk Israel wird als Gottes auserwähltes Volk beschrieben. Das hat im Laufe der Geschichte auch immer wieder zu Abgrenzung und Gewalt gegenüber Andersdenkenden geführt, und noch in der gegenwärtigen Siedlungspolitik Israels findet sich solches Selbstbewusstsein. Nicht anders ist das in der Geschichte des Christentums, wo man sich als auserwähltes Volk empfand und andere mit Wort und Tat abgewertet hat. Auch heutzutage meinen ja manche, das christliche Abendland verteidigen zu müssen. Für mich sind das wirklich schwierige Punkte in unserer jüdisch-christlichen Tradition.

Darum lohnt es sich, genauer hinzuschauen, was denn da nun eigentlich in der Bibel zu lesen ist. Im Abschnitt aus dem ersten Testament, der für den heutigen Gottesdienst vorgeschlagen ist, geht es ganz zentral um diese Frage: Was bedeutet das denn eigentlich, Gottes auserwähltes Volk zu sein? Ich lese aus dem 5. Buch Mose (7,6-12):

Du bist ein heiliges Volk dem Herrn, deinem Gott. Dich hat der Herr, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind. Nicht hat euch der Herr angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern –, sondern weil er euch geliebt hat und damit er seinen Eid hielte, den er euren Vätern geschworen hat. Darum hat der Herr euch herausgeführt mit mächtiger Hand und hat dich erlöst von der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten. So sollst du nun wissen, dass der Herr, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten, und vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen, und bringt sie um und säumt nicht, zu vergelten ins Angesicht denen, die ihn hassen. So halte nun die Gebote und Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, dass du danach tust. Und wenn ihr diese Rechte hört und sie haltet und danach tut, so wird der Herr, dein Gott, auch halten den Bund und die Barmherzigkeit, wie er deinen Vätern geschworen hat.

Dieser Abschnitt aus der Bibel hört sich selbst schon an wie eine Predigt, und in gewisser Weise ist er es auch. Das 5. Buch Mose ist nämlich insgesamt gestaltet als eine letzte große Rede, die Mose in der Wüste an das Volk Israel gerichtet hat. Bevor das Volk Israel in das Gelobte Land eingezogen ist, fasst Mose noch einmal alles zusammen, was für den Glauben dieses Volkes wichtig ist. Die Befreiung aus Ägypten; das Bekenntnis zu Gott, das jeden Tag gesprochen wird; die Zehn Gebote und weitere Regeln für das Zusammenleben. Aufgeschrieben wurde das erst viele Jahrhunderte später, inzwischen hatten die Menschen Heimat gefunden in Israel und Juda, in Jerusalem wurde der Tempel gebaut. Später wurde das Land von den Babyloniern erobert und viele wurden in die Verbannung geschickt. Als man nach der Exilszeit wieder im Land leben konnte, erinnerte man sich an die Vergangenheit und an die Geschichte Gottes mit seinem Volk. Bescheidene Neuanfänge waren das damals mehr als 500 Jahre vor Christi Geburt – wirtschaftlich, politisch und religiös musste man alles neu aufbauen. Da tat es gut, sich an die Vergangenheit zu erinnern und an die Geschichte Gottes mit seinem Volk. Darum erzählte man sich das, was wir heute im 5. Buch Mose lesen.

Die entscheidende Botschaft war: Auch wenn hier vieles armselig und bescheiden erscheint: Ihr seid schon immer Gottes auserwähltes Volk gewesen – und ihr bleibt es auch: „Nicht hat euch der Herr angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern –, sondern weil er euch geliebt hat.“

Das ist etwas ganz anderes, als das nationalistische Erwählungsbewusstsein unserer Tage. Erwählt zu sein, bedeutet eben nicht, besonders gut, stark oder eindrucksvoll zu sein. Das alles konnte das Volk Israel damals nicht vorweisen. Es gibt nur einen Grund der Erwählung: Gott liebt sein Volk. Darum hat er die Menschen aus Ägypten befreit, darum hat er die Zehn Gebote gegeben, darum ist er bei den Menschen im Auf und Ab der Zeitläufe. Allein Gottes Liebe und Treue machen Israel zum erwählten Volk – keine Stärke, Kraft, Größe, Schönheit oder Intelligenz. Auf all das kann das Volk nicht bauen, sondern allein auf das Wissen um Gottes Liebe.

Darum kann die Erwählung auch keinen Anlass dazu geben, auf andere verächtlich herabzuschauen. Sich geliebt zu wissen, macht einen ja nicht stolz, sondern öffnet das Herz auch für andere. Der jüdische Religionswissenschaftler Pinchas Lapide hat daher sehr treffend gesagt, es gehe bei der Erwählung „nicht um eine Gabe, sondern um eine Aufgabe; … nicht um Würde, sondern um eine Bürde.“ Dementsprechend folgt aus der Erwählung im 5. Buch Mose der Auftrag: „So halte nun die Gebote und Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, dass du danach tust.“

Diese besondere Liebe Gottes gilt nach dem 5. Buch Mose dem Volk Israel. Israel ist und bleibt Gottes auserwähltes Volk. Doch durch Jesus Christus haben auch wir Teil an dieser Liebe Gottes. Wir gehören zu dem Volk, das Gott in seiner Liebe erwählt hat.

Die Taufe ist das sichtbare untrügliche Zeichen dafür: Gott sagt Ja zu uns, er ist bei uns in seiner Liebe. Nicht weil wir etwas Besonderes wären, liebt er uns. Sondern: Weil wir von ihm geliebt sind, sind wir wer.

Auch für uns kann das kein Grund sein, überheblich zu werden, und sich als etwas Besseres zu fühlen. Es tut gut, sich von Gott geliebt und angesehen zu wissen. Doch damit können wir uns nicht über andere stellen und sie abwerten, im Gegenteil: Das Wissen um Gottes Liebe kann unsere Herzen öffnen für die Menschen um uns.

Kein Mensch ist besser, weil er Pole oder Ungar oder US-Bürger oder Deutscher ist. Kein Mensch ist besser, weil er etwas besser kann oder weiß, oder weil er mehr Geld hat. Wir sind nur etwas durch Gottes Liebe. Wie viel friedlicher könnte es auf der Erde sein, wenn dieser Glaube uns stark machen würde.

Darum hilft es zum Leben, wenn wir uns daran erinnern: Wir sind getauft. So wie es von Martin Luther erzählt wird: Wenn er sich seiner selbst nicht sicher war, hat er mit Kreide auf seinen Tisch geschrieben: „Ich bin getauft.“ Das hat ihm Kraft und Mut gegeben.

So können wir es uns auch vor Augen halten: Ja, ich bin getauft, und das heißt: Ich bin von Gott geliebt. So, wie es in dem Tauflied aus dem Gesangbuch heißt, das viele Ältere früher einmal auswendig gelernt haben (EG 200,1): „Ich bin getauft auf deinen Namen, Gott Vater, Sohn und Heilger Geist; ich bin gezählt zu deinem Samen, zum Volk, das dir geheiligt heißt.“ Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, er bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Fürbittengebet

Mit deiner Liebe kommst du uns nah, guter Gott, in der Taufe lässt du uns leben in der Gemeinschaft Jesu Christi, im Heiligen Geist lässt du uns deine Kinder sein. Dafür danken wir dir und wir kommen zu dir mit unseren Bitten.

Wir denken vor dir an alle, die sich für etwas Besseres halten – aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Nationalität oder ihrer Leistungen: Lehre sie, auf dich zu schauen und alles von dir zu erwarten. Zeige ihnen Wege in die Gemeinschaft mit anderen Menschen, auf dass sich alle als Geschwister in dir verstehen können.

Wir denken vor dir an die Menschen, die Opfer geworden sind von Ausgrenzung, Rassismus und Gewalt; wir denken an die Flüchtlinge, die in unserem Land leben, und an die Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens: Lass ihnen Recht und Gerechtigkeit widerfahren, dass sie gleichberechtigt und voll Hoffnung in unserem Land leben können.

Wir denken vor dir an die Menschen, die sich verlassen fühlen, die einsam sind oder unter Krankheit leiden – zu Hause oder im Pflegeheim; Menschen, die keine Perspektive mehr haben für ihr Leben: Schenke ihnen Zeichen deiner Gegenwart und deiner Liebe, lass sie Menschen begegnen, die ihnen nahe sind, dass sie neue Hoffnung gewinnen können.

Wir denken vor dir auch an uns, deine Kirche hier und in aller Welt, die wir oft matt geworden sind in unserem Glauben und in unserer Liebe: Dass wir uns daran erinnern: Wir sind getauft in deinem Namen, wir können sichtbare Zeugen deiner Liebe und Gnade sein für die Menschen in unserer Nähe und alle, die unsere Hilfe brauchen.

Zusammen beten wir mit den Worten Jesu:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gebe uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung;
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft,
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.


Segen

Der Friede Gottes, der alles Begreifen übersteigt, bewahre eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus.

Das gewähre euch der dreieinige Gott: der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Der Gottesdienst wurde zusammengestellt von LP J. Riemann
©2020 Evangelische Mirjam-Kirchengemeinde Ascheberg Drensteinfurt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert