Wer ist Mirjam?

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Mosaik in der Benediktinerabtei Dormitio auf dem Zionsberg in Jerusalem von Radbod Commandeur (1890-1955) von Deror avi

Mirjam war nicht nur eine Nebengestalt in der Bibel, Sie war eine bedeutende Persönlichkeit. Darauf deutet der Vers in 4. Mose 20, 1 hin, wo beschrieben wird, wann und wo Mirjam begraben wurde. Mirjam war Prophetin und Tänzerin, Sie lebte zur Zeit Moses und war Aarons Schwester. Nach der erfolgreichen Befreiung ihres Volkes aus der ägyptischen Gefangenschaft stimmte sie das Loblied an und hat alle Frauen „angesteckt“ so sagt es die Überlieferung: “Da nahm Mirjam eine Pauke in ihre Hand, und alle Frauen folgten ihr nach mit Pauken im Reigen. Und Mirjam sang ihnen vor: Lasst uns dem Herrn singen, denn er hat eine herrliche Tat getan, Ross und Mann hat er ins Meer gestürzt.“ (2. Mose, 15,20)

Ein weiterer bedeutender Hinweis, das die Frau Mirjam für die Geschichte Israels wichtig war findet sich im Satz aus dem Propheten Micha, der im 8. Jahrhundert vor Christus seine Hörer/innen an die schützende Begleitung Gottes durch die Wüstenzeit folgendermaßen erinnert: »Ich habe dich doch aus Ägypten heraufgeführt und dich freigekauft aus dem Sklavenhaus. Ich habe Mose vor dir her gesandt und Aaron und Mirjam.«

Mirjam als Beschützerin?

Mirjam wird also als eine der drei Führungsgestalten aus der zentralen Befreiungsgeschichte des Volks Israel betrachtet und sieben Mal namentlich in der Bibel genannt. Außerdem wird sie in 2. Mose 15, 20 f. als Prophetin bezeichnet.

In 2. Mose 2,1-10 wird Mirjam als die Beschützerin ihres Bruders Mose beschrieben. In der jüdischen Tradition gibt es noch Legenden, wie Gott Mirjam im Traum erschien und die Geburt des Bruders, seine spätere Rolle und ihre Aufgabe als schwesterliche Beschützerin voraussagt.


Mirjam-Erzählung

(Predigttext von Pfarrer Dr. Ch. Nooke zum Gemeindegründungsgottesdienst am 14.01.2018)

Kennen Sie Mirjam? Also nicht irgendeine Mirjam, sondern die mit der Trommel? Manchmal wird sie übersehen, aber hören wir, was sie selbst uns erzählt:

„Ich bin Mirjam, manche nennen mich auch Maria. Heute hieße ich vielleicht Mia. Daran liegt nichts. Schön, dass ich hier meine Geschichte einmal erzählen kann. Ich hatte ein spannendes und vielfältiges Leben. In Ägypten, dann in der Wüste, aber immer mit Gott, der mich geführt und begleitet hat.

Sie kennen vielleicht meinen kleinen Bruder Mose, ja, genau, den mit dem Weidenkörbchen und dem Dornbusch und dem Stab. Und vielleicht auch noch Aaron, den Priester – auch mit Stab. Wer von Ihnen kleine Geschwister hat, weiß vielleicht, dass das nicht immer leicht ist. Man ist für sie verantwortlich, auch wenn sie schon groß geworden sind.

Mose war schon bei Geburt in Lebensgefahr, meine Mutter packte ihn in dieses Weidenkörbchen, aber ich wollte ihn nicht ganz allein lassen. Und als ich dann die Pharaos-Tochter sah, wie sie meinen kleinen Bruder aus dem Schilf barg, kam mir die Idee, meine Mutter als Amme vorzuschlagen. Manchmal habe ich so Geistesblitze. Manchmal denke ich, dass da Gott bei mir war… Jedenfalls war mein Bruder Moses so nicht verloren. Wie gut das für unser Volk Israel war, wusste ich damals noch nicht. Aber Gott hatte Großes mit ihm vor – deshalb wohl auch der Geistesblitz an mich…

Mit Mose sind wir dann aus Ägypten geflohen, mit Gottes Hilfe, Schutz und Geleit. Ich blieb an seiner Seite. So ein kleiner Bruder braucht schonmal schwesterlichen Rat, auch wenn er von Gott erwählt und der Anführer eines ganzes Volkes ist.

Mose war nicht so recht musikalisch, das ist in der Familie bei mir hängengeblieben. Meine Trommel konnte ich den ganzen Weg durch die Wüste retten. Sie kennen wahrscheinlich die Geschichte vom Schilfmeer, als das Volks Israel hindurchziehen konnte, die heranrückende ägyptische Streitmacht aber unterging. Ich war schon immer spontan, kreativ und auch eher der impulsive Typ. Während Mose und der Rest noch dastanden und es nicht fassen konnten, habe ich mir meine Trommel geschnappt und habe angefangen zu singen und zu tanzen. Ich war so erleichtert, dass Gott uns bewahrt hatte. Kennen Sie das: Meist muss nur einer anfangen. Jedenfalls haben sofort viele mitgemacht, wir sangen und tanzten. Und das hat viel der Angst gelöst. Wir wussten: Gott ist wirklich bei uns und steht uns bei.

Ja, wir sind weiter durch die Wüste gezogen. Immer wieder bewahrt von Gott, immer wieder auf die Probe gestellt. Und Mose durfte ich weiterhin nicht aus den Augen lassen. Aaron hatte seine Aufgabe bekommen als Priester, damit er sich nicht ständig mit Mose ins Gehege kam – Aaron konnte ja viel besser reden. Aber ich fand, dass Mose der ganze Gotteskontakt irgendwie zu Kopfe gestiegen ist. Sie wissen schon – glänzendes Angesicht und so weiter. Da musste ich doch einschreiten. Er war ja nicht der einzige von uns, dem Gott nahe war. Warum sollte er denn allein sprechen? Ein bisschen habe ich das vielleicht überschätzt und bin zu weit gegangen, das hat Gott mich dann spüren lassen. Aber besser, kritisch wach zu bleiben als den Mund zu halten – das kann ich auch nicht. Wir haben weiter ein gutes Verhältnis gehabt, Mose, Aaron und ich. Aber die große Schwester, die alles im Blick behielt, bin ich doch immer geblieben, fürsorglich, impulsiv, umsichtig, kritisch, musikalisch.

Warum erzähle ich meine Geschichte? Damit sie weitergeht. Vielleicht kann sie bewegen, mitreißen, motivieren, aufwecken für das, was heute für Sie beginnt? Wenn Ihre Gemeinde nun nach mir genannt ist, wird sich von meiner Geschichte auch etwas darin wiederfinden können.“


Siehe auch Mirjam (Prophetin) auf Wikepedia. Das berühmte Mirjam-Lied steht im Evangelischen Gesangbuch EG 680.

Sontagsblatt.de 30.08.2015